Marc Marquardt

Lot

»Über seine Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft, eine Malerei, die wir unter dem Titel »Der Mönch am Meer« kennen, äußerte der Dichter Heinrich von Kleist: »so ist es, wenn man es betrachtet, als ob einem die Augenlider weggeschnitten wären.« Er bezog sich damit auf das Phänomen der »Einförmigkeit und Uferlosigkeit« des Motivs, das zwar formal durch den Rahmen eingeschränkt werde, aber in der Imagination wohl eigentlich ohne Grenze sei.

Wenn man hingegen die Fotografien von Marc Marquardt betrachtet, so ist es, als ob einem die Haut abgezogen wäre. Wir sehen karge, sehr karge Räume. Wir sehen sie nicht nur, wir fühlen sie geradezu. Kalt und rau. Die Aufnahmen entstanden in Plattenbausiedlungen auf dem Boden der ehemaligen DDR; diese Wohnblocks sind entsprechend dem Plan »Stadtumbau-Ost« zum Abriß bis spätestens 2009 vorgesehen. In einem dieser Häuser ist der Fotograf selbst aufgewachsen, und er selbst war es, der die Innenräume jeglicher Gestaltungsspuren wie Teppich- oder Tapetenreste entkleidet hat. […] Der Fotograf hatte seine Aufnahmen nachts erstellt, indem er die Kamera gegen das dichte Dunkel der lichtlosen Umgebung ausrichtete. Dieses Dunkel dringt in einer Weise ins Innere des Raumes, dass es in einigen Fällen als Anspielung auf das »schwarzes Quadrat«, in der Gemäldefassung von Kasimir Malevich seinerseits eine Inkunabel der »Moderne«, wahrnehmbar scheint. Zum Bild (im Bild) wird so das Fehlen von Licht, wobei das Herstellungsprinzip der Photographie, nämlich (wörtlich) mit Licht zu schreiben, gleichsam in ihr Gegenteil verkehrt wird. […]« (aus »Tote Augen, geöffnet« von Prof. Anna Zika)

Marc Marquardt wurde 1977 in Burg bei Magdeburg geboren. Seine Arbeit »Lot« enstand im Wintersemester 2007/2008 unter der Betreuung von Prof. Axel Grünewald. Marc Marquardt lebt und arbeitet als Fotograf und Künstler in Berlin und Burg.

Im Zeitraum vom 07. bis 10. Oktober 2010 wird die Arbeit »Lot« in der Gruppenausstellung »not yet titled« im Westwerk in Hamburg zu sehen sein. Des Weiteren wird ein Teil seiner Arbeit »Schwarze Kammern« am 7./8. Oktober 2010 auf der bild.sprachen – Messe für angewandte Fotografie in Gelsenkirchen zu sehen sein.